Erinnern Sie sich noch daran, wie zögerlich und vorsichtig wir einst waren, unsere Kreditkartendaten online einzugeben?
Heute bestellen wir ganz selbstverständlich unser Abendessen per App – wir verbinden unsere digitale Geldbörse mit einer fremden Küche und lassen einen Lieferanten in unser Haus, den wir nie zuvor in unserem Leben gesehen haben. Dieses Vertrauen entstand nicht über Nacht, sondern durch Systeme, die zuverlässig, sicher und transparent sind – genau die Prinzipien, auf die CROZ beim Aufbau vertrauenswürdiger KI-Systeme setzt.
Die nächste Entwicklungsstufe bahnt sich bereits ihren Weg: Agentic Commerce – KI-Agenten, die im Namen von Nutzern Einkäufe tätigen, auf Grundlage klar definierter und überprüfbarer Regeln und Berechtigungen. Diese neue Ära verbindet Automatisierung, Vertrauen und Personalisierung zu einer grundlegend neuen Form digitaler Transaktionen.
Wie gestalten die großen Anbieter Agentic Commerce?
OpenAI & Stripe: Agentic Commerce Protocol
OpenAI positioniert gemeinsam mit Stripe ChatGPT als Super-App für nahezu alle Lebensbereiche – von der Suche nach der passenden Reisetasche über Flugbuchungen bis hin zur Verwaltung von Abonnements. Das Agentic Commerce Protocol erfasst die Zustimmung der Nutzer, erzeugt sichere Zahlungstokens und verbindet sich über bestehende Schnittstellen mit den Systemen der Händler. Dabei bleibt der Händler stets Merchant of Record – Compliance und Kontrolle sind somit sichergestellt.
Da die Spezifikation Open Source ist, können beliebige Unternehmen oder KI-Agenten das Protokoll implementieren. Dadurch entsteht ein interoperables, offenes Ökosystem für Agentic Commerce.
Google: Agent Payments Protocol (AP2)
Google verfolgt einen vergleichbaren Ansatz mit dem Agent Payments Protocol (AP2) – einem offenen Standard, der plattformunabhängig von jedem Agenten genutzt werden kann. Nutzer erstellen dabei digital signierte Mandate, die genau festlegen, was der Agent kaufen darf, wann und in welcher Höhe.
Diese Mandate sind kryptografisch fälschungssicher und begleiten jede Transaktion als überprüfbarer Nachweis der Autorisierung.AP2 unterstützt Kreditkarten, Banküberweisungen und Kryptowährungen – für eine nahtlose Integration in verschiedenste Zahlungssysteme.
Microsoft & Perplexity: Ausbau der Agentennetzwerke
Perplexity hat PayPal Checkout in seine Plattform integriert und ermöglicht so Buchungen und Einkäufe direkt über den Agenten.
Microsoft wiederum erlaubt Marken über das Copilot Merchant Program, ihre Produkte unmittelbar innerhalb von Copilot zu verkaufen.
Beide Initiativen erweitern das Ökosystem agentischer Anwendungen und machen Agentic Commerce massentauglich – vom Zukunftstrend hin zu einem etablierten Vertriebskanal.
Vertrauen als Fundament von Agentic Commerce
Warum finden wir digitale Bestellplattformen und Lieferdienste so gut? Weil es einfach ist ihnen zu vertrauen – und zwar aus diesen Gründen:
- Jede Bestellung wird explizit bestätigt
- Der Preis steht vorab fest
- Quittungen, Sendungsverfolgung sowie Rückgaben sind jederzeit nachvollziehbar
Agentic Commerce folgt den gleichen Prinzipien.Der KI-Agent agiert als verlässlicher Interessensvertreter mit klar definierten Befugnissen und Grenzen.Der Benutzer/Kunde hat die Kontrolle über diese Befugnisse, der Händler führt wie bisher die Bestellung aus, und jede Transaktion ist vollständig nachvollziehbar und überprüfbar.
Im Kern ruht Agentic Commerce auf folgenden vier Säulen des Vertrauens:
- Explizite Zustimmung – klare Festlegung durch den Nutzer, was der Agent ausführen darf.
- Fälschungssichere Autorisierungen – digital signierte Mandate sind Teil jeder Aktion.
- Auditierbarkeit – jede Transaktion ist lückenlos nachvollziehbar.
- Händlerkontrolle – Compliance und Haftung bleiben beim Verkäufer.
Was Agentic Commerce in der Praxis bedeutet
Der eigentliche Mehrwert von Agentic Commerce liegt in neuen Einkaufsmechanismen, die bisher in dieser Form technisch so nicht realisierbar waren. Zwei Anwendungsarten stehen dabei im Mittelpunkt:
1. Human-Present Mode: Der Agent als Rechercheassistent
Man stelle sich folgendes Beispiel vor: Ein Kunde bittet seinen KI-Agenten, verschiedene Kfz-Versicherungen zu vergleichen.
Der Agent holt Angebote mehrerer Anbieter ein, verhandelt Rabatte, hebt Unterschiede in Leistungen und Preisen hervor und bereitet die Informationen klar verständlich auf. Der Kunde prüft diese Ergebnisse, wählt das passende Angebot und schließt den Vertrag direkt im Chat ab.
Dieser halbautonome Ablauf zeigt, wie Transparenz Vertrauen schafft – ein zentrales Merkmal agentischer Prozesse.
2. Human-Not-Present Mode: Delegierte Ausführung
In diesem Beispiel erteilt ein Kunde folgende Anweisung:
„Beobachte Zweitmarkt-Tickets für das Duell “AC Mailand vs. Inter Mailand” und kaufe zwei Sitzplätze, sobald der Preis unter 100 Euro fällt.“
Nicht nur im B2C Bereich gibt es gute Beispiele. Ähnliche Abläufe machen z.B. auch in einer Lagerverwaltung (Inventory Management) Sinn. Der Beschaffungsverantwortliche (Procurement Officer) definiert zuerst die Anweisung:
„Bestelle die Artikel nach, sobald der Bestand unter 20 Einheiten fällt – beim Vertragspartner und zum bisher vereinbarten Preis.“
Man legt über ein signiertes Intent Mandate Preis, Zeitpunkt und Menge fest.
Der Agent überwacht relevante Plattformen und führt den Kauf (Cart Mandate) automatisch und ohne menschliche Interaktion aus, sobald die Bedingungen erfüllt sind.
Solche delegierten Abläufe funktionieren nur dank kryptografisch verifizierbarer Strukturen.
Händler können auf diesem Weg exakt nachvollziehen, was, wann und in welchem Umfang autorisiert wurde.
Die Rolle von Stablecoins im Agentic Commerce
Agentic Commerce braucht Zahlungsinfrastrukturen, die mit der Geschwindigkeit autonomer Prozesse mithalten. Stripe entwickelt aus diesem Grund eine Infrastruktur, die Stablecoin-Zahlungen durch Agenten erlaubt.
Folgende Vorteile ergeben sich daraus:
- Sofortige Abwicklung
- 24/7-Verfügbarkeit
- Grenzüberschreitende Zahlungen
- Möglichkeit zur Umwandlung in andere Währungen (z.B. Fiat-gestützte Stablecoins)
Händler können einfach und umweglos Stablecoins in daran gekoppelte Währungen umwandeln oder Stablecoins direkt für ihre Transaktionen verwenden. Für digitale Zahlungsdienstleister und Banken bedeutet das: Der Begriff „Zahlung“ muss neu definiert werden, wenn der Bezahlende ein autonomer Agent ist, der seinen Kauf per Blockchain abwickeln möchte.
Wie erzeugen wir Vertrauen in Agentic Systems?
Damit Agentic Commerce skalierbar bleibt, muss der Vertrauensrahmen bekannte Prinzipien widerspiegeln:
- Explizite Zustimmung bei jedem Kauf
- Transparente Preise und Rückgaberegeln
- Digitale Quittungen und Sendungsverfolgung
- Nachvollziehbare Autorisierungslogs

Diese durchgehende Vertrauensbasis – vom ersten Onlinekauf bis zur KI-gestützten Transaktion – bildet die Voraussetzung für breite Akzeptanz.
Chancen und neue strategische Fragen für Unternehmen
Jede Innovationswelle im digitalen Handel lief zu Gunsten der Vorreiter (Early Adopter). Vom klassischen Online-Shop über Desktop- und Mobile-Commerce bis hin zu Conversational Commerce – und nun Agentic Commerce: Wer früh handelt, sichert sich überdurchschnittliche Wettbewerbsvorteile.
Gleichzeitig entstehen allerdings neue strategische Fragestellungen:
- Wie können Händler sicherstellen, dass ihre Produkte korrekt dargestellt und von den Agenten der Kunden richtig interpretiert werden?
- Welche Auswirkungen ergeben sich auf Preisgestaltung und Vergleichbarkeit, wenn KI-Agenten im Auftrag der Kunden verhandeln?
- Wie entwickelt sich Fraud Detection, wenn der Käufer ein autonomer Agent ist?
- Was geschieht mit Kundenbindungsprogrammen, wenn Agenten ausschließlich nach Preis und Bequemlichkeit optimieren?
Diese Fragen sind keine Zukunftsszenarien mehr, sondern bilden bereits heute den neuen strategischen Handlungsrahmen im digitalen Handel.
Mit Vollgas voraus: Anpassung an Agentic Commerce
Die technische Infrastruktur für Agentic Commerce wird bereits von führenden Marktteilnehmern erfolgreich standardisiert. Um in diesem neuen Umfeld erfolgreich zu agieren, sollten Unternehmen frühzeitig handeln und ihre Systeme gezielt anpassen – unter anderem durch:
- Integration offener Protokolle wie dem Agentic Commerce Protocol von OpenAI oder dem Agent Payments Protocol von Google.
- Entwicklung agentenfreundlicher APIs, die klare Metadaten, Bestandsinformationen und Preise bereitstellen.
- Einführung transparenter Audit-Trails, um Aktivitäten von Agenten und Kundengenehmigungen nachvollziehbar zu machen.
- Definition von Governance-Richtlinien, die festlegen, was KI-Agenten innerhalb der eigenen Systeme dürfen und was nicht.
- Frühes Experimentieren – zunächst im Human-Present-Mode, bevor eine vollständige Automatisierung eingeführt wird.
Die Zukunft von Agentic Commerce
Agentic Commerce steht für eine grundlegende Veränderung darin, wie die Wertschöpfung im digitalen Handel gestaltet wird.
Wir bewegen uns in eine Ära des KI-vermittelten Konsums, in der Agenten miteinander interagieren, Angebote vergleichen und Transaktionen in Echtzeit im Namen der Nutzer durchführen.
Zukünftige Entwicklungen weisen in Richtung:
- Multi-Agenten-Ökosysteme und spezialisierte Einkaufsagenten,
- transparente, offene Marktplätze für Agent-zu-Agent-Transaktionen,
- nahtlose Integration von Stablecoin- und Fiat-Zahlungswegen,
- stärkere Personalisierung und vorausschauende Kaufentscheidungen.
Kurz gesagt: Handel, der autonom im Hintergrund stattfindet – aber unter menschlicher Kontrolle bleibt.
Fazit: Der nächste Quantensprung im Thema Digital Trust
Die Grundlagen sind geschaffen, die Protokolle werden bereits getestet – ab jetzt zählt der Zeitpunkt der erfolgreichen Implementierung.
Agentic Commerce wird die Mechanismen des digitalen Handels neu definieren. Die Interaktion im Kaufvorgang wird zweitrangig, die Gestaltung von Absichten rückt in den Vordergrund.Unternehmen, die diese Entwicklung früh aufgreifen, werden die nächste Innovationswelle in Digital Trust anführen – so wie einst jene, die Online-Zahlungen etablierten und damit die Grundlage für den modernen E-Commerce schufen.
Die Frage ist nicht mehr, ob wir diese Veränderungen sehen werden, sondern ab wann Ihr Unternehmen bereit ist für den digitalen Handel mit den Agenten Ihrer Kunden
Falls Sie Fragen haben, sind wir nur einen Klick entfernt.